Produktentstehung

Preispolitik oder Wie entsteht ein Stück von Teufelslocke?

 

Diesen Beitrag habe ich vor einigen Jahren auf Facebook veröffentlicht, im Kern ist er immer noch aktuell, aber einige kleine Dinge haben sich geändert, diese Änderungen habe ich in kursiver und farbiger Form zugefügt.

 

Neulich habe ich mit einer lieben Kundin ein wenig über den Entstehungsprozess eines Stückes geredet und sie meinte, das würde ja keiner ahnen, was dazu alles nötig ist, ich solle das doch mal zu Papier/Tastatur bringen. Dann will ich das hiermit mal tun.

 

Also, wie entsteht ein Stück von Teufelslocke?

 

Am Anfang aller Stücke steht ein Material oder eine Farbe/eine Farbkombination, die mich anspricht. Im Idealfall habe ich alles schon da. Das passiert allerdings.. ähm.. eher nie :)

 

Also erstmal anfangen und sehen, wohin es mich treibt.

 

Egal, ob ich ein verbundenes Stück mache oder einen Einzelstab, in der Regel beginne ich mit dem/den Topper/n. Die Vorstellung in meinem Kopf zu dem, was ich machen will, ist nie detailliert, eher ist es so eine wage Ahnung, ein Gefühl.

 

Irgendetwas steht für mich bei jedem meiner Stücke im Vordergrund, entweder ein Metallelement, eine bestimmte Perle/Perlensorte oder eben Farben. Dann ziehe ich furchtbar viele Behälter aus meinen Kleinteilemagazinen mit allem, was in Stil und Farbe dazu passen könnte, was normalerweise dazu führt, dass mein Perlentisch ein unüberschaubares Chaos wird, dass jeden Außenstehenden die Flucht ergreifen lässt ;)

 

Nun mag es Menschen geben, denen es gegeben ist, im Kopf alles perfekt zusammenzufügen und dabei auch noch jede Krümmung der Perlkappen mit zu berücksichtigen.. ich gehöre allerdings definitiv nicht dazu.

 

Ich muss mich durchtesten. Tausend Dinge zusammenfügen und doch wieder verwerfen, andere Dinge heranziehen, umdenken, suchen, probieren, probieren, probieren... erwähnte ich schon das Probieren?

 

Auch bei meinen simpelsten Einzelstäben könnt ihr davon ausgehen, dass ich die nicht einfach zusammenstecke, sondern so lange alle verfügbaren Perlkappen durchteste, Material biege und bearbeite (weil so gut wie nichts, dass man kauft, einfach so passt, wie man das haben will), Perlenlöcher per Hand aufbohre (weil die meisten Perlen leider ausgelegt sind darauf, auf dünne, wabbelige Pins gefädelt zu werden, ich aber nutze ja sehr massive Pins, damit sie nicht so einfach verbiegen oder gar brechen, wenn man sie anfasst), hier noch was ändere und dort.... bis ich an den Punkt komme, wo ich denke:

 

'Ja! Das ist es!'

 

Das dauert in der Regel so 30 Minuten bis viele Stunden (bei verbundenen Stücken), vorrausgesetzt, ich komme überhaupt an den 'Das ist es!' - Punkt.

 

Komme ich dort aber mit dem vorhandenen Material einfach nicht an, heißt es wieder Einkaufen.

 

Die Jagd nach Material nimmt mit den größten Teil meiner Zeit ein. Mit ganz viel Glück finde ich einen Händler, der das, was ich brauche, hat und es auch noch so beschriftet hat, dass ich es mit einer Suchfunktion finden kann. 'Glasperlen' als Beschreibung bei einem Artikel hilft einem nämlich herzlich wenig, wenn man Glasschliffrondelle 12 mm in Braun oder Dunkeltopaz sucht.

 

Natürlich habe ich inzwischen meine Stammhändler, die eben hilfreich beschriften, aber auch die haben ja nicht unbedingt, was ich mir gerade mal wieder in meinen kleinlichen Kopf gesetzt habe, also nutze ich vorzugsweise die Suchfunktion. Natürlich muss ich dabei auch Preise vergleichen, die ich ja schließlich an euch weitergebe, dabei spielt die Höhe des Portos eine Rolle und vor allem die Tatsache, bei welchem Händler ich das meiste von dem bekomme, was mir gefällt und was ich brauche.

 

Da Porto in vielen Fällen ja in keinem Verhältnis zu dem einen Ding steht, das ich nutzen will, durchsuche ich bei der Gelegenheit also gleich den betreffenden Shop nach allem, was mir sonst noch so dort gefällt. Was natürlich nach sich zieht, dass ich mit der Zeit eine Unmenge Material horte, das auch untergebracht und sortiert werden will, aber dieses System erhöht auch die Wahrscheinlichkeit, dass ich Dinge, die ich brauche, schon da habe und damit halten sich die Kosten für meine Stücke im Zaum.

 

Gerade die verbundenen Stücke enthalten letztendlich Material von durchschnittlich 6 - 8 verschiedenen Händlern, da ist es schon wichtig, die Portokosten auf möglichst viel Material zu verteilen.

 

Bis ich alles gesichtet und verglichen habe, sind in der Regel auch so einige Stunden ins Land gegangen, die ich gar nicht erst berechne. Vor allem bei Aufträgen, wenn jemand etwas ganz Bestimmtes will, kommt es nämlich schnell mal vor, dass ich dabei eine Woche oder länger viele viele Stunden am Tag mit der Materialjagd verbringe, das auch nur ansatzweise abzurechnen würde die Kosten meiner Stücke explodieren lassen.

 

 

Bleiben wir also beim herumtesten, dass an sich ja schon aufwendig genug ist.

 

Ja, ich bin kleinlich. Extrem sogar. Es reicht mir nicht, wenn eine Perlkappe zu einer Perle 'halbwegs passt'. Ich baue nichts zusammen, wo die Rundung der Kappe eben von der Perle absteht, weil die Kappe die Tiefe der Perle nicht hergibt und 'Ist doch okay so' gibt es in meiner Welt nicht! Ich nutze generell Perlkappen und Metallelemente geradezu verschwenderisch und bin manchmal beim berechnen der Stücke selbst erstaunt, wie schnell man mal 50 oder 60 winzige Metallelemente mit verbaut hat.

 

Viele Funktionsteile sind nunmal aus Metall und für ein harmonisches Gesamtbild ist es für mich unerlässlich, dieses Metall im Design überall aufzugreifen, damit das Mittelteil nicht aussieht, als gehöre es nicht dazu.

 

Bei verbundenen Stücken kommt zudem noch die Problematik des 'Fallens' dazu, das heisst, in welchem Schwung die Stränge zwischen Stäben und Mittelstück fallen. Eine tolle Fädelung, die mich begeistert, bedeutet in den meisten Fällen leider nicht unbedingt, dass die Stränge so auch gut und weich fallen.

 

Also wird auch hier oft wieder verworfen und eben neu angefangen. Gerade heute habe ich ein Stück vor mir, an dem ich sicher gute 9 Stunden bisher sitze und das ich morgen wieder aufmachen werde, weil es einfach nicht fallen will wie es soll. Und wenn es fertig ist, wird es aussehen, als habe es mich höchstens zwei Stunden meines Lebens gekostet und wäre spielend leicht gebaut worden ;)

 

 

Habe ich das für mich harmonische Gesamtbild endlich erreicht, geht es ans Holz.

 

Üblicherweise nutzen Hersteller von Stäben mit Toppern dazu Rohlinge aus den USA, die man sehr günstig erstehen kann. Diese sind für meine Ansprüche aber nur unzureichend geschliffen, so dass ich sie ohnehin aufwendig nachschleifen müsste, außerdem hätte ich so keine Kontrolle über den Ansatz, die Schräge und die Bohrung. Deshalb habe ich mich von Anfang an entschieden, Stäbe auch selbst anzufertigen, von Grund auf um sie in Größe, Dicke und Form so anpassen zu können, wie es der geplante Stab erfordert :)

 

Diesen Prozess kennen ja viele von euch zumindest vom Mitlesen... Grobschliff, Wässern/Baden in verschiedenen Flüssigkeiten, wieder schleifen, wieder baden..

 

Der Grobschliff kann an der Schleifscheibe erledigt werden, der Feinschliff leider nicht.

 

Hier ist also wieder Handarbeit angesagt und viel Fingerspitzengefühl.
Dazwischen immer wieder Zeiten, wo das Holz trocknen muss, das fällt natürlich nicht unter Arbeitszeit, dauert aber (gerade bei schwarzen Stäben) auch seine Zeit. Holzarbeiten gehören nicht gerade zu meinen Liebsten, da bin ich ganz Weib, der glitzernde Teil gefällt mir besser ;)
Mr. Teufelslocke greift mir aber da glücklicherweise gern unter die Arme.

 

 

Danach müssen die Stücke fotografiert werden. Hier muss ich ganz klar delegieren, ich bin an der Kamera gnadenlos unbegabt, von der Nachbearbeitung ganz zu schweigen und es ist mir auch ein Graus!
Diese Aufgabe nimmt mir Mr. Teufelslocke ganz ab - ich kann mich gar nicht genug dafür bedanken und ihn bewundern, was er an Klarheit und Farbechtheit rausholt aus Bildern, die derzeit mit einer zickigen, übellaunigen und generell nicht gerade erhebend-qualitativen Kamera gemacht werden.

 

Auch das dauert seine Zeit... wenn das Licht und die Kamera uns gewogen sind, vielleicht so 15-20 Minuten pro Produkt. Wenn nicht... urgs, reden wir nicht darüber.

 

Wie man unseren Bildern sicher ansieht ist die alte Kamera inzwischen in die ewigen Kameragründe eingegangen (oder wo kaputte Elektronik so hingeht, die eine oder andere von Euch hat sicher das Gefühl, dass es die eigene Garage ist, in der ihr Liebster alles hortet, was Elektronik beinhaltet, auch die Dinge, die man nicht besessen hat als sie noch funktionierten) und die Neue ist seelisch sehr stabil und Qualitativ für unsere Zwecke mehr als zufriedenstellend, somit hat sich dieser Prozess glücklicherweise beschleunigt :)

 

Dann muss ich herausfinden, was ein Stück kostet. Dazu am Ende noch mehr, aber hier sind es nochmal locker 10 Minuten beim Einzelstab bis 1 Stunde beim verbundenen Stück in der Regel.
Es erstaunt mich selbst immer wieder, aus wie vielen Einzelteilen viele meiner Stücke letztendlich doch bestehen.

 

Der nächste Schritt ist das Einstellen in DaWanda. Namen finden, Texte erstellen, Bilder hochladen, Schaufenster und Shopsortierung gegebenenfalls neu anpassen... noch mal 20 Minuten. Eher mehr.

 

Nun stelle ich natürlich überwiegend in meinen eigenen Shop ein, vorerst aber noch parallel bei DaWanda, zeitlich ändert sich da eher nichts.

 

Dazwischen kommt das ganze 'Drumherum'. Mails beantworten, Austausch, auf dem Laufenden bleiben, Foren und Blogs wälzen, Facebookeinträge, jetzt noch der eigene Blog und erweiterte Shopinhalte, wichtigen Händlern hinterher lesen - glücklicherweise kann ich davon nie genug bekommen :)

 

 

Wenn ein Stück dann verkauft ist, geht es ans Finale.

 

Meine Stäbe werden erst komplett festgemacht, und eingeklebt, wenn ein Stück bezahlt ist. Ich frage also nochmal nach dem Verkauf nach eventuellen Änderungen und wenn nötig kann ich die Stablänge so noch anpassen, bzw. neu machen. Wenn alles klar ist, wird geklebt.

 

Da die Stablängen ja nun mitgewählt werden können entfällt sicher ein Teil der persönlichen Korrespondenz, aber ich denke, dass ich immer noch regen Kontakt zu Euch haben werde :)

 

Danach kommt das Nähen der Verpackungen und der Papierkram.. Rechnung, Anschreiben, Beilage/n fertig machen, alles gut einwickeln und abpuffern. Aufkleber drauf... fertig!
Das war dann nochmal mindestens eine halbe Stunde.

 

Nun muss das Päckchen nur noch zu Hermes oder DHL fertig!

 

 

Ihr seht, auch in einem Einzelstab stecken mindestens 2,5 Stunden reine Arbeitszeit. Bei einem verbundenen Stück auch gern mal 1 - 2 ganze Tage.

 

 

Um nun herauszufinden, was ein Stück kostet, habe ich ein schlichtes Programm, in das ich alle verwendeten Materialien eingebe und wie lange ich dafür gebraucht habe.
Hier wird es schwierig. Wenn ich also 9 Stunden an einem Teil verbracht habe, kann ich das ja nicht berechnen. Ich trage hier also die reine Arbeitszeit ein, die ich benötigen werde, wenn ich ein Stück nochmal nachbaue.
Das bedeutet gleichzeitig natürlich auch, dass sich ein Stück erst dann rechnet, wenn es mehr als einmal verkauft wird. Gerade bei den COs ist das natürlich in keinster Weise gegeben, also berechne ich für COs einen kleinen Aufschlag. Gerade mal eine Stunde mehr. Ich schrieb es oben ja schon, eigentlich kann ich dafür auch gerne mal locker eine Woche lang viele viele Stunden am Tag einplanen. Eine CO ist also purer Luxus, es ist ein Hobby, nicht wirklich etwas, dass man berechnen und verkaufen kann.
Ich verstehe also durchaus, wenn viele Shops auf Dauer nur noch wenige bis gar keine COs mehr anbieten, aber ohne eure Haarschmuckträume wäre ich auf so vieles nie gekommen, hätte mich in so viele Richtungen gar nicht erst entwickelt und so bleiben COs für mich ein wichtiger Teil von Teufelslocke.

 

Zurück zum Programm. Die Eingabe so vieler Materialien dauert. Zumal mein System, die Einzelpreise zu verwalten, noch weit weg von perfekt ist, aber ich arbeite daran. Es spuckt mit dann am Ende aus, was ein Stück im Laden kosten sollte.
Dieser Preis ist in der Regel utopisch für die meisten von euch, obwohl wir im Langhaarbereich ja schon hart im Nehmen sind, ich nehme hier also den Preis für Grosshändler, obwohl das natürlich in keinster Weise die ganzen oben aufgeführten Arbeitsschritte und Zeiten mitkalkuliert.
Lediglich Steuern müssen noch berücksichtigt werden und ein wirklich kleiner Pauschbetrag für alle versteckten Kosten, die ein Verbraucher weder kennt noch ahnt... die meisten davon haben mit Bürokratie, nervtötenden Vorschriften und Gesetzen und Anwälten zu tun.

 

Darauf kommen dann noch die greifbaren Gebühren. DaWanda, evtl Paypal, Verpackungskosten, anteilige Portokosten.

 

Hier entfallen die DaWandagebühren natürlich und Porto wird gesondert berechnet, dafür kommen andere Gebühren hinzu, unter dem Strich sind meine Stücke aber alle hier deutlich günstiger als in meinem Dawandashop, was ja klar ist, wenn ein 'Zwischenhändler' entfällt.

 

Ihr könnt also grob rechnen: Wenn ein Einzelstab 25 Euro kostet, waren davon 7 - 8 Euro für den Holzstab (incl. Arbeitszeit) eingerechnet, nochmal ca. 8 Euro für das übrige Material, ca.4 Euro greifbare Gebühren.
Von den übrigen 5 bis 6 Euro habt ihr all die Zeit bezahlt, die ich mit all dem, was ich oben aufschrieb, verbracht habe und davon zahle ich dann noch Steuern und Anwälte und Maschinen und Werkzeuge.

 

Ich weiß, die Kosten für einen handgemachten Haarstab erscheinen einem immens Hoch auf den ersten Blick. Ging mir früher auch nicht anders, keine Frage, wenn man nicht weiß, was alles dafür passiert.
In anderen Ländern bekommt man Haarschmuck nunmal oft für einen Bruchteil des Preises.

 

Um so glücklicher bin ich, so viele Kundinnen zu haben, die zu schätzen wissen, was ich tue, die mich unterstützen und motivieren und ohne deren Zuspruch ich mich sicher längst etwas Lukrativerem zugewendet hätte.
Aber so kann ich tun, was ich wirklich gern tun: kreativ sein und mit wunderschönem Material Haarschmuck erschaffen! Damit werde ich sicher nie reich, aber dafür glücklich :)